zu Konstantin Wecker: 'Einen braucht der Mensch zum Treten'
und Dimitri Shostakovitch: Klaviertrio Nr.2, e-moll
Kindergesicht: Öl auf Karton, Hintergrund: Acryl, Öl, Sand, Plakate auf
Holz
80 x 100 cm
SCHWARZWEISS – WO BLEIBEN DIE ZWISCHENTÖNE?
Zum österreichischen Coronaimpfstreit (Dezember 2021)
Dem einen ist sie Teufelsfluch,
erdacht, um Völker zu vernichten
- Highlight der Erfolgsgeschichten
aus dem Weltverschwörungsbuch.
Der andere sieht nichts als sie:
der hehren Weisheit letzten Schluss,
Gewissenspflicht, ein Soll, ein Muss,
ein Sinnbild reinster Ideologie.
Die Impfung rettet, triggert, trennt,
stärkt Zuversicht und Pessimisten,
drängt die Zweifler aufzurüsten,
schürt die Hitze, bis es brennt.
Hier setzt man Grips auf Nulldiät
mit Opfermythen, Hass und Wut.
Aus Angst weckt man die rechte Brut,
die stets nur neue Ängste sät.
Man demonstriert mit strammen Braunen,
ohne sich dafür zu schämen.
Doch man scheint sich tief zu grämen,
wenn selbst Freunde sprachlos staunen.
Dort träumt man vom Pieksezwang
und witzelt über fremde Traumen.
Andersdenker anzupflaumen,
gilt als gottgerechter Drang.
Dort macht man keine Unterschiede
zwischen Angst und Idiotie,
Verzweiflung, Frust und Hysterie.
Auch dort wirkt Liebe höchst frigide.
Wo ist Dunkel? Wo ist Licht?
Ich weiß es nicht. Ich rate bloß.
Die Chance ist wohl nicht sehr groß,
dass man mal alles ruhig bespricht.
Und darum fällt mir nichts mehr ein.
Der Bruderkrieg nimmt seinen Lauf.
Der Impfstreit stößt mir bitter auf,
doch bin ich froh, geimpft zu sein.
© Marc Andeya-Trefny